Pilgern heisst auch, sich eine Auszeit zu gönnen

Sozialdiakonin Christine Buschor hat eine «lange Weiterbildung» in ihren Berufsalltag eingelegt. Sie wird künftig vermehrt Menschen auf ihrem (Lebens-)Weg begleiten.

Die Reformierte Landeskirche Aargau, ermöglicht jedem ordinierten Mitarbeitenden sich nach einem konstanten achtjährigen Arbeitsverhältnis eine «lange Weiterbildung» einzuräumen. Integrierender Bestandteil sollte es einfach sein, dass die lange Weiterbildung in irgendeiner Form der Kirche dient. Christine Buschor, Sozialdiakonin entschloss sich, diese 14-wöchige «Arbeitspause» zu nutzen, um gleich zwei Weiterbildungen in Angriff zu nehmen. «Dass mein Arbeitgeber, die Reformierte Kirche Mellingen Rohrdorf Fislisbach, mir diese Chance geboten hat, ist eine wunderbare Wertschätzung und ich bin dafür äusserst dankbar» so die 56-jährige.

Pilgern ist Beten mit den Füssen

Während eines Israelaufenthaltes vor etlichen Jahren kam Buschor erstmals mit dem Pilgern in Berührung. Diese eindrückliche Erfahrung hatte dann den Impuls gegeben, ihre 14-wöchige Arbeitspause für eine entsprechende Ausbildung zur «Pilgerbegleiterin» im Modul-Modus in Angriff zu nehmen. Die Ausbildung unterliegt den internationalen Standards der Pilgerbegleitung EJW und die engagierte Sozialdiakonin hat den Lehrgang beim Reformierten Pilgerzentrum St. Jakob in Zürich durchlaufen. «Wer pilgert, setzt sich unweigerlich mit den schöpferischen Gestaltungskräften auseinander. Man hat ein Ziel vor Augen und der Weg dorthin verwandelt einem definitiv. Als Pilgerbegleiterin habe ich die Möglichkeit, die Wandernden auf diesem spirituellen Wandlungs- und Reifungsprozess zu begleiten. Allerdings kann pilgern auch ganz einfach heissen, ich schliesse mich einer Gruppe an, weil mir der Weg und die Begegnung mit den Menschen am Weg gefallen, nicht jeder Pilger befindet sich in einer herausfordernden Lebenssituation. Pilgern heisst auch ganz einfach sich eine Auszeit gönnen und achtsam unterwegs sein.» ergänzt Buschor. Was für eine bereichernde Aufgabe. Denn auch als Begleitperson würden eigene Prozesse in Gang gesetzt und alleine die Begegnungen mit den unterschiedlichsten Mitmenschen sei eine grosse Bereicherung. «Die Ausbildung hat mich in dem bestärkt, was ich bereits tue. Oft werde ich gefragt, was denn der Unterschied sei zwischen Wandern und Pilgern. Natürlich könnte hier eine lange Erklärung folgen. Die kurze Antwort lautet, beim Wandern fragt dich in der Regel niemand was hat dich dazu bewogen dich auf den Weg zu machen? Das ist eine vielgestellte Frage, wenn Pilger sich treffen und diese Frage führt meist in tiefe interessante Gespräche».

Bereits erste Gruppe «pilgernd» begleitet und geführt

Mitte Oktober führte Buschor ihre erste Pilgerreise durch. Gestartet wurde mit einem kleinen Grüppchen in Rapperswil, weiter gings via Einsiedeln nach Oberägeri und die Tour fand ihr Ende in Menzingen, dorthin wo eine mutige Fislisbacherin, Mutter Bernarda Heimgartner, vor etlichen Jahren Mitbegründerin des Klosters wurde. «Es war eine Pilgerreise mit wunderbaren Begegnungen, die viele tiefe Eindrücke hinterlassen hat. Bereits beim rekognoszieren durfte ich im Kloster Menzingen Schwester Vreni Haslimeier kennenlernen, sie vermittelt mit ihrer herzlichen, gastfreundlichen Art pure Nächstenliebe und ich fühlte mich gleich wie zu Hause. Kein Wunder, dass auch meine erste Pilgergruppe diese Begegnung als eines der Highlights genannt haben. Die Tour hatte denn auch den Fokus Begegnungen mit Gott, den Mitmenschen und denen welche lange vor uns Wege und Brücken geschaffen haben. Denn, wer pilgert, schafft eine Brücke zu Gott und den Mitmenschen – und wer in diesem Sinne pilgert, betet sozusagen mit den Füssen» erzählt die Sozialdiakonin fröhlich. Buschor ist mittlerweile wieder an ihrer Arbeitsstelle in Fislisbach mit einem 50% Pensum als Sozialdiakonin tätig und wird die Pilgertour Rapperswil-Menzingen voraussichtlich im Mai nochmals anbieten. «Ausserdem wird wohl bald in Fislisbach eine kurze Pilgertour angeboten- man kann durchwegs auch zur Winterzeit pilgern» ergänzt sie. Was die sympathische Fislisbacherin gleich zu Beginn der Pilgerausbildung festgestellt hat «Mir hat’s regelrecht den Ärmel reingezogen» bestätigt sie reflektierend. Nicht nur für das Pilgern sondern auch für die bereits 2019 gestartete Weiterbildung in Beratender Seelsorge am bcb (bildungszentrum christliche begleitung und beratung») in Zürich. Die Kombination Pilgern und Menschen in speziellen Lebenssituationen beraten ergänzt sich sehr gut. «Im Gehen neue Wege finden und neue Perspektiven gewinnen» so oder ähnlich könnte eines der weiteren Angebote lauten.

Autor: Isabel Steiner Peterhans / publiziert im “Der Reussbote” 4. Dezember 2020

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